DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung

Stichwort: Kosten – Konten – Kommissionen

Peter Brandt

Bildung kostet. Da Bildung Wertsteigerung erzeugt, sind die Kosten von Bildung Investitionen. Die Ressourcen Geld und Zeit (bei einem weiten Ressourcenbegriff auch psychische und materiell-institutionelle Ressourcen) können von unterschiedlicher Seite aufgebracht werden. Wer in einer Gesellschaft welche Kosten für Bildung tragen soll, ist aber nicht nur eine Frage der Ökonomie, sondern eine politisch-moralische. »Gerecht« kann heißen, Menschen, Unternehmen und Staaten proportional zu ihrem Nutzen an Kosten für Bildung zu beteiligen (Äquivalenzprinzip). Andere Theorien wollen die Bürde gemäß der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit verteilen (Leistungsfähigkeitsprinzip). Auf dem Hintergrund der Gerechtigkeitsproblematik hat sich der Begriff »Ko-Finanzierung« eingebürgert. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen den Fragen »Wer zahlt?« und »Wer trägt die Kosten?« Die erste Frage ist die leichter zu beantwortende, aber auch die oberflächlichere. Sie bleibt auf der Zahlerebene. Die zweite Frage betrifft die erheblichen Überwälzungsprozesse und entzieht sich bisher weitgehend der bildungsökonomischen Erschließung. Aber genau sie zielt erst auf die für Effizienz- und Gerechtigkeitsfragen zentralere Ebene der Refinanzierung. Hier deutet einiges darauf hin, dass »die Kosten der Aus- und Weiterbildung [...] letztlich von den Endverbraucherinnen und den Steuerzahlern getragen [werden], und zwar unabhängig davon, in welchem Umfang sie an Bildungsangeboten partizipieren« (Ehmann 2003, S. 21).

Weiterbildung kostet. Hochrechnungen haben für 1999 auf der Zahlerebene (Vorfinanzierung von Weiterbildung) ein Gesamtvolumen von 32 Milliarden Euro ergeben, das sind 1,62 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – Tendenz rückläufig (vgl. Expertenkommission 2002, S. 110f.). Mit der Perspektive des lebenslangen Lernens gewinnen die Errechnung der Bildungskosten und die Ausarbeitung geeigneter Finanzierungswege noch einmal an Komplexität. Sie erinnern aber daran, dass bildungsbereichsspezifische Betrachtungen die Ausnahme bleiben sollten. (Möglicherweise ist es ja gesamtgesellschaftlich wichtiger, kostenlose Teilnahme an frühkindlicher Bildung zu sichern, als Besserverdienenden steuerliche Vorteile auf teure berufliche Weiterbildungen einzuräumen.)

Gegenwärtig werden verschiedene Modelle der Finanzierung von Weiterbildung und lebenslangem Lernen diskutiert, die sich typisieren lassen: Private Einzelfinanzierung (individuell oder durch Unternehmen), Umlagenmodelle/Bildungsfonds, staatliche Finanzierung sowie Mischungen daraus (Bildungskonten mit Gutscheinen/Fonds mit Gutscheinen).

Als wichtiges Ko-Finanzierungs-Modell kristallisieren sich Bildungskonten heraus. Sie sind »vermögenswirksamen Sparverträgen« vergleichbar und könnten das Lernen von Individuen ein Leben lang begleiten. In sie würde von Individuen, Arbeitgebern und dem Staat eingezahlt; aus ihnen könnten Darlehen für Bildungsaktivitäten entnommen und einkommensabhängig getilgt werden.

Spezialversionen des Bildungskontos sind betriebliche Ansparmodelle, in die Individuen und Betriebe einzahlen und aus denen Guthaben für Weiterbildungen mit mehr oder weniger betrieblichem Nutzen entnommen werden können. Vergleichbar sind Lernzeitkonten, bei denen Unternehmen Kosten übernehmen und Mitarbeiter Zeitguthaben beisteuern. Je nachdem, ob die Weiterbildung eher betriebliche oder eher persönliche Interessen befriedigt (Wer hat die Deutungshoheit?), erfolgt die Investition stärker über angesparte Arbeitszeit oder über Freizeit.

Die vom BMBF eingesetzte Expertenkommission »Finanzierung Lebenslangen Lernens« (2001–2004) unter Vorsitz von Dieter Timmermann soll neue Strategien und ein tragfähiges Gesamtkonzept für die Finanzierung lebenslangen Lernens erarbeiten. Sie wird das Individuum in den Mittelpunkt stellen. Damit einher geht eine Stärkung der Nachfragesouveränität. Der für Ende 2003 vorgesehene Endbericht liegt noch nicht vor. Die Brauchbarkeit der Ergebnisse wird davon abhängen, wie gut es gelungen ist, neben der Zahlerebene auch die Refinanzierungsebene zu betrachten. Hierzu müsste die Kommission, wenigstens stichprobenweise und zur Not anonymisiert, Einblick in Steuerakten erhalten haben.

Literatur
Ehmann, Ch. (2003): Bildungsfinanzierung und soziale Gerechtigkeit. Bielefeld
Expertenkommission (2002): Auf dem Weg zur Finanzierung Lebenslangen Lernens. Zwischenbericht. Bielefeld