DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung

BNE-Erwartungen der Politik an die UN-Dekade und die Akteure der Weiterbildung

Integratives Verständnis gefragt

Das BMBF hat die Deutsche Unesco-Kommission mit der Durchführung der UN-Dekade zur Bildung für nachhaltige Entwicklung beauftragt. Deshalb hat DIE den parlamentarischen Staatssekretär im BMBF nach politischen Erwartungen und Unterstützungen für die BNE befragt. Das Gespräch führte Dr. Peter Brandt (DIE)

Ulrich Kasparick, Jg. 1957, ist parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung. Der ausgebildete Theologe aus Dahme (Mark) ist seit 1998 für die SPD im Deutschen Bundestag und war 1999-2002 Mitglied der Enquete-Kommission »Nachhaltige Entwicklung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung«.

DIE: Herr Staatssekretär, haben Sie ein Lieblingsprojekt in der Nachhaltigkeitsbildung?

U.K.: Es gibt zahlreiche sehr gute Projekte zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung und eines davon besonders hervorzuheben fällt schwer. Stellvertretend für viele andere Bildungseinrichtungen möchte ich das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Hamburg nennen. Dort hatte man schon frühzeitig ein Schulprogramm entwickelt, das den Aspekt der Nachhaltigkeit und die Agenda 21 in den Mittelpunkt stellte. Die Schule sorgte z.B. für ein attraktives, ökologisches Schulgelände und richtete eine Fotovoltaikanlage ein. Sie geht schon seit 1994 sparsam mit Wasser und Energie um, beteiligt sich an der lokalen Agenda 21 und führte viele Projekte zur Nachhaltigkeit durch.

DIE: ... also eine Aneinanderreihung guter Einzelinitiativen?

U.K.: Nein, die Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte wollten mehr: 1998 wurde ein Ausschuss eingerichtet, der die Schule systematisch in allen Lebens- und Lernbereichen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten analysiert. Indikatoren für die nachhaltige Entwicklung dieses Gymnasiums sind beispielsweise der effiziente Umgang mit Ressourcen, die Vernetzung der Schule in »Eine-Welt-Aktivitäten«, etwa durch Schulpartnerschaften mit Entwicklungsländern, und die verbindliche Einbindung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten in das Schulcurriculum und den Unterricht. Auch Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler und die Kooperation mit außerschulischen Partnern aus Verbänden und Betrieben, die auf ein lokales praktisches Handeln zielt, gehören zu den Prüfkriterien. Nach einer gründlichen Erhebung der Ausgangssituation wurde ein Nachhaltigkeitsprogramm entwickelt und veröffentlicht, das zu systematischen Verbesserungen führte und in dem klare inhaltliche und terminliche Ziele formuliert wurden. Die Erreichung dieser Ziele wurde dann wiederum in einem zweiten Zyklus überprüft. Die Schule hat sich im Rahmen dieses so genannten Audit-Prozesses nach dem Europäischen Umwelt-Audit-System zertifizieren lassen; ihre Aktivitäten gingen aber über eine reine Umweltverträglichkeitsprüfung weit hinaus. Man kann hier schon eher von einem umfassenden »Nachhaltigkeits-Audit« sprechen.

DIE: Welche Aspekte halten Sie für besonders vorbildlich?

U.K.: Dieses Projekt finde ich aus drei Gründen sympathisch: Erstens wird im Sinne des Partizipationsgedankens der Agenda 21 die gesamte Schulgemeinde beteiligt: Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitung, Sekretärin, Hausmeister und einige Eltern, vor allen Dingen aber viele Schülerinnen und Schüler - sie stellen etwa die Hälfte der gleichberechtigten Mitglieder des Nachhaltigkeitsausschusses. Zweitens wird hier eine dynamische Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt, die die Schule in allen Bereichen schrittweise voranbringt - ein Prozess, der für Schulentwicklung ganz allgemein beispielhaft ist. Und schließlich lernen die Schülerinnen und Schüler mit dem Audit-Verfahren ein modernes betriebliches Managementinstrument kennen.

Das Alexander-von-Humboldt-Gymnasium war eine der ersten Einrichtungen, die 2005 als offizielles Projekt der UN-Dekade »Bildung für nachhaltige Entwicklung« ausgezeichnet wurden. Dieses Projekt ist meines Erachtens aber nicht nur in Schulen realisierbar, sondern sollte Beispiel und Anregung für viele Bildungseinrichtungen sein, die sich nachhaltig entwickeln wollen - etwa auch für Volkshochschulen.

DIE: Leben wir in einem Land, das gut ist in BNE?

U.K.: Sicher sind nicht alle Aktivitäten so umfassend angelegt wie das eben geschilderte Beispiel. Wir haben hier in Deutschland aber recht gute Ausgangsvoraussetzungen, um den Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung in der Bildung gerecht zu werden. Der Bericht der Bundesregierung zur BNE dokumentierte bereits im Jahr 2001 eine ausgedehnte Akteurslandschaft und die Aufnahme der Thematik in nahezu allen Bildungsbereichen. Im Bericht 2005, der gerade erarbeitet wurde, wird konstatiert, dass die Bildung für eine nachhaltige Entwicklung konzeptionell weiter präzisiert werden konnte. Mit dem Programm »21« (»Bildung für eine nachhaltige Entwicklung«) der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) wurde eine erfolgreiche Phase der Erprobung im Bereich der allgemeinen Bildung abgeschlossen. Mit dem Folgeprogramm »Transfer 21« stellen Bund und Länder die Rahmenbedingungen für die Verbreitung der Ergebnisse sicher. In allen Bildungsbereichen gibt es Initiativen und Vorhaben zur BNE, die sich - wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität in den einzelnen Bereichen - weiter verbreitet hat.

DIE: Wo liegen Probleme?

U.K.: Als verbesserungswürdig werden immer noch die Verankerung und Verbreitung der BNE und die Vernetzung und Kooperation der vielen Akteure und Initiativen bezeichnet. Die Dekade der Vereinten Nationen bietet hier eine gute Chance, weiter voranzukommen. Wir unterstützen die Deutsche UNESCO-Kommission bei der Organisation der Dekade in Deutschland und tragen unter anderem durch die für 2006 geplante Etablierung eines Internetportals »Bildung für eine nachhaltige Entwicklung« zu einer Verbesserung der Vernetzung, der Kooperationsmöglichkeiten und des Informationsflusses bei.

DIE: Betrachten wir die Dekade-Aktivitäten. Diese liegen seit der Beauftragung durch Ihr Ministerium bei der Deutschen UNESCO-Kommission (DUK). Zunächst ist dort eine »Hamburger Erklärung« verabschiedet worden, dann ein »Nationaler Aktionsplan« erarbeitet und eine »Allianz Nachhaltigkeit Lernen« institutionalisiert worden. Bald sollen »detaillierte Maßnahmen« vorgeschlagen werden. Erforderlich für eine nachhaltige Entwicklung ist lt. »Hamburger Erklärung« die »Veränderung von Einstellungen, Denkstilen und Verhaltensweisen der gesamten Bevölkerung«. Das ist ein eher anachronistisch-normativ anmutendes Projekt, das gar nicht zu passen scheint zu den sonstigen zeitgenössischen Paradigmen der Selbststeuerung und Eigenverantwortung der Lernenden ...

U.K.: Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor. Unsere Bevölkerung ist gegenüber den Prinzipien der Nachhaltigkeit ausgesprochen positiv eingestellt. Die jüngste Umweltbewusstseinsstudie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit aus dem Jahre 2004 belegt, dass die Zustimmung zu schonendem Ressourcenverbrauch, Generationengerechtigkeit und fairem Handel zwischen 82 und 88 Prozent liegt, wenn auch längst nicht alle wissen, dass es sich dabei um die wesentlichen Grundprinzipien nachhaltiger Entwicklung handelt. Eher haben wir ein Umsetzungsproblem: Es fällt vielen Menschen noch schwer, diesen Prinzipien in ihrem alltäglichen Leben gerecht zu werden und mit alten Gewohnheiten zu brechen. Kinder aus Familien, in denen kaum frische Nahrungsmittel verarbeitet werden, in denen vielleicht sogar selten gekocht und gemeinsam gegessen wird, kommen später kaum von allein auf die Idee, Mahlzeiten aus frischen, ökologisch verträglichen und fair gehandelten Produkten zuzubereiten. Jemand, der sein halbes Leben lang immer Auto gefahren ist, hat Schwierigkeiten, die Annehmlichkeiten einer Zugfahrt
zu erkennen. Menschen, für die Urlaub bisher gleichbedeutend mit einer Flugreise auf eine Ferieninsel im Mittelmeer war, können sich nicht vorstellen, einem Aktivurlaub im eigenen Land etwas abzugewinnen. Auch die Akzeptanz und Nutzung innovativer Technologien hat etwas mit Wissen und Erfahrung zu tun: Wer in der Schule oder am Ausbildungsplatz schon mal an einer Solaranlage mitgebaut hat, wird den Einsatz dieser Technologie später vielleicht auch privat oder in seinem beruflichen Wirken in Betracht ziehen. Hier sind Annäherungs- und Aneignungsprozesse nötig, die möglichst früh einsetzen sollten. Dabei geht es nicht um Bevormundung und Belehrung oder um die Verordnung einer »richtigen Lebensweise«. Bildung kann Alternativen aufzeigen und Erfahrungen ermöglichen, die das Handlungsrepertoire der Menschen vergrößern. Das kann früh anfangen, z.B. mit einer »nachhaltigen Klassenfahrt« ins Umland, mit einer Schülerfirma, die sich um gesunde und fair gehandelte Angebote in der Schulcafeteria kümmert, oder mit der Nutzung erneuerbarer Energien in Schule und Ausbildung. Auch ein zivilgesellschaftliches Engagement im Sinne des Partizipationsgedankens der Agenda 21 basiert auf Erfahrungen, die etwa durch gemeinwesenorientierte Projekte von Bildungseinrichtungen in Kooperation mit Verbänden und der Kommune gesammelt werden können.

Ich denke, die in der »Hamburger Erklärung« angesprochene Veränderung von Einstellungen und Denkstilen meint gerade kein von oben verordnetes »Umerziehungsprogramm«, sondern zielt auf die Erweiterung individueller Handlungsmöglichkeiten durch Bildung und fordert dazu auf, ausgetretene Pfade zu verlassen. Es geht darum, Neues zu wagen und - nicht unwichtig für eine nachhaltige Entwicklung - auf die Neugier, den Erfindungsreichtum und die Kreativität der Menschen zu vertrauen und sie zu fördern. Ich finde, das ist überhaupt nicht anachronistisch und steht im hohen Einklang mit dem Verlangen nach Selbststeuerung und Eigenverantwortung.

DIE: Ein Maßstab für die Einschätzung der Dekade-Aktivitäten ist der Beschluss des Deutschen Bundestags vom 30. Juni 2004, der im Unterschied zum Aktionsplan eher inhaltliche Anforderungen formuliert hatte: »Die Vermittlung von Grundfertigkeiten und Faktenwissen über die Zusammenhänge von Mensch, Natur und Technik ist aus Sicht des Bundestages unverzichtbare Voraussetzung, um Menschen mit Handlungskompetenz auszustatten und damit zu gesellschaftlicher Teilhabe bei der Gestaltung einer dauerhaft tragfähigen Entwicklung zu befähigen.« Ist der Nationale Aktionsplan gemessen an diesen inhaltlichen Ansprüchen eine hoffnungsvolle Zwischenstation oder verliert sich der Diskurs in formalen Anforderungen wie »bessere Vernetzung« und »effektivere Kommunikation«? Wann ist mit einer Konkretisierung der Ziele des Aktionsplans zu rechnen?

U.K.: Die jetzt vorliegende Fassung des nationalen Aktionsplans enthält ganz bewusst eine sehr allgemeine Formulierung der Handlungsfelder und der strategischen Ziele. Es wäre im Hinblick auf die erwünschte dynamische Entwicklung der Dekade sicher kontraproduktiv, jetzt schon eine abgeschlossene Agenda mit detaillierten Maßnahmen für einen Zeitraum von zehn Jahren festzulegen. Der Aktionsplan wird fortlaufend durch einen Maßnahmenkatalog aktualisiert und konkretisiert. Das Nationalkomitee als Steuerungsgremium der Dekade hat eine erste Fassung dieses Maßnahmenkatalogs verabschiedet. Dort werden bereits jetzt mehr als 60 Aktivitäten in den einzelnen Bildungsbereichen beschrieben, die von ganz unterschiedlichen Akteuren - von den Bundesministerien, den Ländern, von Nichtregierungsorganisationen und vielen weiteren Einrichtungen - getragen werden. Dieser Katalog ordnet jeder Maßnahme inhaltliche Ziele zu, beschreibt die jeweilige Ausgangssituation, nennt die erforderlichen Entwicklungsschritte und macht Angaben dazu, woran man die Erreichung der Ziele erkennt. Die Ergänzung des Maßnahmenkatalogs durch neue Vorhaben und die Aktualisierung bereits enthaltener Einträge erfolgt regelmäßig über die gesamte Laufzeit der Dekade. Dadurch wird der nationale Aktionsplan zu einem dynamischen Instrument, das Entwicklungen darstellt, forciert und überprüfbar macht. Parallel dazu werden durch das Nationalkomitee vorbildliche Dekade-Projekte ausgezeichnet, und auch hier ist der Start sehr gut gelungen, denn bisher konnten schon fast 150 Projekte ausgezeichnet werden.

DIE: Welche Rolle spielt das BMBF in diesem Prozess?

U.K.: Das BMBF unterstützt die Deutsche UNESCO-Kommission dabei, die Dekade-Aktivitäten auf diese Weise zu koordinieren und national wie international sichtbar zu machen. Wir haben hiermit, wie auch mit dem Portal zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung, vor allem das Anliegen, strukturbildend zu wirken.

DIE: Wie kann eine »blühende Weiterbildungslandschaft für nachhaltige Entwicklung« aussehen? Welche Erwartungen hat die Politik hierzu an die Weiterbildung?

U.K.: Für den Bereich »Allgemeine Weiterbildung« ist ein weites, über die Themen Natur- und Umweltschutz hinausgehendes, integratives Verständnis einer »Bildung für eine nachhaltige Entwicklung« von besonderer Bedeutung. Für die Entwicklung von »Gestaltungskompetenz«, die für eine nachhaltige Entwicklung unerlässlich ist, bietet die allgemeine Weiterbildung zahlreiche Themenfelder und Lerngelegenheiten. Die derzeitige Praxis nutzt jedoch diese Möglichkeiten nach Einschätzung des BMBF bisher nur in sehr geringem Umfang.

DIE: Gibt es Gegenbeispiele?

U.K.: Das BMBF versucht derzeit, durch Projektförderung innovative Entwicklungen in der allgemeinen Weiterbildung zum Handlungsfeld nachhaltige Entwicklung anzustoßen. Dazu zwei Beispiele: Ziel des Projekts »Gut leben in der EINEN WELT« von der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (KBE) und Misereor ist beispielsweise die Entwicklung und Erprobung eines Konzepts, mit dem haupt- und nebenamtliche Erwachsenenbildner motiviert und qualifiziert werden können, Themen einer nachhaltigen Entwicklung in ihre alltägliche Bildungsarbeit zu integrieren, die Programmentwicklung ihrer Bildungseinrichtungen durch solche Themen zu ergänzen und Eine-Welt-Projektgruppen zu initiieren und zu begleiten. Mit dem Projekt »AQUILO: Aktivierung und Qualifizierung erlebnisorientierter Lernorte (Freizeit- und Erlebniswelten)« des IFKA Bielefeld werden Freizeitparks, Museen, Science Center und ähnliche Einrichtungen angeregt und unterstützt, das Bildungspotenzial ihrer Einrichtungen zu aktivieren und zu optimieren. Dabei stehen bestimmte Themenfelder - hier Nachhaltigkeit, Ökologie, Umwelt - im Mittelpunkt.

DIE: Was bietet das BMBF hierfür an Support?

U.K.: Ich möchte die im Weiterbildungsbereich Aktiven an dieser Stelle ausdrücklich auf neue Möglichkeiten zur Kooperation mit Forschungseinrichtungen hinweisen. Mit dem neuen Rahmenprogramm »Forschung für Nachhaltigkeit« fördert das BMBF gezielt Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung. Der interdisziplinäre und anwendungsorientierte Ansatz des BMBF-Rahmenprogramms spiegelt die innovative Weiterentwicklung von bisherigen Forschungskonzepten und Forschungsergebnissen wider. Im Mittelpunkt des Rahmenprogramms stehen vier Aktionsfelder: (1) Nachhaltigkeit in Industrie und Wirtschaft, (2) nachhaltige Konzepte für Regionen, (3) nachhaltige Nutzung von Ressourcen und (4) Strategie für gesellschaftliches Handeln.

Das Rahmenprogramm verbindet dabei technologischen Fortschritt mit gesellschaftlichen Prozessen und zielgerichtetem Transfer in die Bildungssysteme. Die Forschungsvorhaben, die diesen Transfer ausdrücklich vorsehen und entsprechende Kooperationen mit Bildungsträgern ausweisen, haben innerhalb dieses Programms gute Fördermöglichkeiten. Hier liegt auch für Weiterbildungseinrichtungen eine attraktive Chance, sich über eine Verknüpfung mit Forschung die notwendige Unterstützung bei der Integration von Nachhaltigkeitsthemen in ihre Angebote zu beschaffen.

DIE: Der Nationale Aktionsplan will auch den Massenmedien und arbeitsplatznahen und freizeitbezogenen Lernmöglichkeiten größere Beachtung schenken. Informelles Nachhaltigkeitslernen soll intensiviert werden. Wie?

U.K.: Eine gute Möglichkeit dazu bietet unser Programm »Lernkultur Kompetenzentwicklung« (LKKE). Wesentliche Ziele des aus Mitteln des BMBF und des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanzierten Programms sind der Aufbau effizienter kontinuierlicher Lernstrukturen auch unter den Gesichtspunkten Wettbewerb, Standortbedingung, Transfer und eben auch Nachhaltigkeit. Zum Forschungs- und Entwicklungsprogramm LKKE gehört die Stärkung der individuellen beruflichen Kompetenzen genau so wie komplexe Strategien zu Kompetenzerhalt und Kompetenzentwicklung bei Arbeitslosigkeit oder E-Learning und neue Lernkonzepte in Weiterbildungseinrichtungen. Im Rahmen der Strategie für ein lebenslanges Lernen erfolgt in diesem Programm die Entwicklung einer neuen (beruflichen) Lernkultur zu (Weiter-)Qualifizierung und Kompetenzentwicklung, um erwerbsfähigen Menschen neue Wege für selbstorganisiertes Lernen im Prozess der Arbeit, im sozialen Umfeld, im Internet und in Weiterbildungseinrichtungen aufzuzeigen.

DIE: Die »Lernenden Regionen« sind im Aktionsplan als geeignete Konstrukte für Public-Private-Partnerships genannt, die Nachhaltigkeit befördern sollen. Welche »Lernende Region« ist hierfür vorbildlich?

U.K.: Ein Teilprojekt der Lernenden Region »LENZ« im niedersächsischen Gifhorn wurde auf der Didacta 2005 in Stuttgart als eines der ersten offiziellen deutschen Projekte der UN-Dekade ausgezeichnet. Es handelt sich um das »Regionale Bildungszentrum für nachhaltige Entwicklung«, das die Bereiche Betrieb, Berufsschule und berufliche Weiterbildung umfasst. Im »Modellprojekt Betrieb« werden Lehrlinge durch drei Ausbildungsjahre begleitet. Zu Beginn wurde eine fünftägige Lerneinheit zum Thema nachhaltige Entwicklung konzipiert, durchgeführt und ausgewertet. Ein großer Teil der Lehrlinge hat in der Folgezeit nachgewiesen, dass das erlernte Wissen in Handlungen umgesetzt wurde. Eine Übernahme der Projektinhalte in die betriebliche Berufsausbildung aller Auszubildenden wurde vom Partnerunternehmen mit seinen 1.200 Mitarbeitern beschlossen. Parallel hierzu wurden drei Praxisprojekte zur nachhaltigen Entwicklung konzipiert und erprobt. Auch diese Praxisprojekte wurden in die Entwicklungsplanung des Unternehmens integriert.

DIE: Wie beteiligt sich Deutschland an der internationalen Debatte? Ziel der Agenda ist ja, den Gedanken der nachhaltigen Entwicklung weltweit im Bildungssystem zu verankern.

U.K.: Das Erreichen kaum eines anderen politischen Ziels hängt so sehr von gelungener internationaler Kooperation ab wie das der Nachhaltigkeit. Eine Priorität bei der Umsetzung der Dekade in Deutschland ist es daher, die hier vorhandenen und entstehenden Projekte in den globalen Diskussionsprozess zur BNE einfließen zu lassen und dabei aus den Erfahrungen und Positionen anderer Länder und Kulturen zu lernen. Die UN-Dekade bietet als weltweit angelegte Initiative die Chance, international wirksam zu werden, Partnerschaften zu gründen und zu einer globalen Perspektive und Zusammenarbeit beizutragen. Diesen Prozess zu koordinieren ist Aufgabe der UNESCO. Eine wichtige Rolle bei der internationalen Abstimmung spielt auch das Netzwerk der UNESCO-Nationalkommissionen.

DIE: Und was speziell trägt das BMBF bei?

U.K.: Das BMBF wird darauf hinwirken, dass nachhaltige Entwicklung stärker in die Bildungsprojekte und programme auf der europäischen Ebene integriert wird und die EU-Kommission entsprechende thematische Schwerpunkte setzt. Auch in der bilateralen und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands mit den Partnerländern in Afrika, Asien und Amerika sowie den so genannten Schwellenländern sollen die Schwerpunkte »Bildung« und »Umwelt und nachhaltige Ressourcennutzung« im Hinblick auf die Millenniumziele weiter verfolgt werden.

DIE: Danke Ihnen für das Gespräch!