DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung

Nutzen universitärer Weiterbildung im Nonprofit-Bereich

Ein Praxisbeispiel zur Nutzenerhebung am Verbandsmanagement Institut der Universität Freiburg/Schweiz

Claudio Beccarelli

Seit der Gründung 1976 übernimmt das Verbandsmanagement Institut (VMI) der Universität Freiburg/Schweiz eine Pionierrolle in der Weiterbildung von Führungskräften aus Nonprofit-Organisationen (NPO). Im Herbst 2004 startet der zweite Executive Master of Business Administration (MBA) in NPO-Management . Im Rahmen des Freiburger Management-Modells für Nonprofit-Organisationen wird eine Lernerfolgskontrolle durchgeführt. Sie bildet den Grundstock der angestellten Nutzenvermutungen.

Die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis von Bildungsinvestitionen wurde nach Ansicht von Büeler (2004) von der Bildungswissenschaft bisher weitgehend vernachlässigt. Der vorliegende Beitrag versteht sich als ökonomische Annäherung an dieses Problemfeld aus der Sicht eines universitären Weiterbildungsveranstalters.

Im Vorfeld einer Aus- oder Weiterbildung sieht sich der Interessent aus ökonomischer Sicht erst einmal mit einem Kosten-Nutzen-Kalkül konfrontiert. Die Kosten setzen sich zum einen aus den Lehrgangsgebühren, den Opportunitätskosten, dem Lohnausfall etc. zusammen, während sich der Nutzen in einen erwarteten individuellen Nutzen der Teilnehmenden und in einen betrieblichen Nutzen unterteilen lässt. Im Weiteren resultiert auch noch ein gesellschaftlicher Nutzen (soziale Kohäsion, Produktivität etc.), auf den in der Folge nicht weiter eingegangen wird.

Ein Interessent wird also seine Entscheidung für oder gegen eine Weiterbildung am VMI auf der Grundlage eines Kosten-Nutzen-Kalküls treffen. Dieser Kosten-Nutzen-Kalkül ist sehr individuell und hängt beispielsweise auch davon ab, ob der Teilnehmende selbst oder die Organisation für die Kosten der Weiterbildung aufkommt. Dies alles kann vom VMI nur in relativ engen Grenzen beeinflusst werden (z. B. durch Steigerung des Image, Lehrgangsgebühren, zeitliche Kursplanung etc.).

Als Nonprofit-Organisation ist das VMI einer Mission verpflichtet und hat einen Bildungs- und Forschungsauftrag wahrzunehmen. Entscheidet sich der Interessent für eine Weiterbildung am VMI, geht es aus Sicht des Instituts als Dienstleistungserbringer darum, die Zufriedenheit der Teilnehmenden sicherzustellen und für eine hohe Qualität der Dienstleistungen und einen möglichst hohen Lernerfolg zu sorgen. Wer von der Qualität einer Dienstleistung spricht meint ein Niveau, welches die vom Abnehmer gebildeten Erwartungen erfüllt oder gar übertrifft. Qualität ist demzufolge, was der Kunde als Qualität empfindet (vgl. Bumbacher 1999). Die Messung der Qualität wird durch die Immaterialität der Dienstleistung und deren subjektive Wahrnehmung erschwert. Die wahrgenommene Dienstleistungsqualität prägt schließlich maßgeblich die Einstellung der Teilnehmenden gegenüber dem VMI. Empirische Studien von Parasuraman u. a. (1992) zeigen, dass sich Kunden zur Bildung eines Qualitätsurteils auf die folgenden Kriterien stützen:

Das Freiburger Management-Modell für Nonprofit-Organisationen

Bei den Lehrgangsteilnehmenden im Bereich des Nonprofit-Management handelt es sich typischerweise um »Midcareer University Students«. Diese stehen meist mitten in der beruflichen Laufbahn, verfügen über ein Vorwissen auf verschiedenen Gebieten und viel praktische Erfahrung. Die Teilnehmenden versuchen, die Lehrinhalte mit ihrem eigenen Kontext zu verbinden und bemühen sich, die Lehr- und Lerninhalte in ein Raster einzuordnen. Eine zusätzliche Erschwernis in der NPO-Weiterbildung ist, dass viele Führungskräfte über keine Management-Ausbildung verfügen. Sie sind Fachleute auf einem anderen Gebiet (Gesundheitswesen, Recht, Sozialwesen etc.) und suchen in den VMI-Lehrgängen eine ergänzende Management-Ausbildung, welche auf die Fragestellungen von Verbänden und weiteren NPO zugeschnitten ist. Diese Ausgangslage stellt spezifische Anforderungen an die Gestaltung von Weiterbildungsangeboten (vgl. Purtschert 2001).

Eine Fülle von Literatur im Management-Bereich führt dazu, dass das Wissen immer stärker atomisiert wird, obschon die moderne Führung Ganzheitlichkeit und Vernetzung fordert. Das Freiburger Management-Modell (FMM) dient in sämtlichen VMI-Lehrgängen als einheitlicher Bezugsrahmen für die ganzheitliche Führung einer NPO. Die Dozenten an den VMI-Lehrgängen sind dem FMM verpflichtet und tragen damit zur erfolgreichen Umsetzung des Gelernten in der Praxis bei.

In Anlehnung an Dubs (vgl. Dubs 2001) lassen sich die Anforderungen an ein Management-Modell anhand der folgenden Merkmale beschreiben:

  1. Ein Modell muss so beschaffen sein, dass es eine Organisation analytisch-beschreibend darstellen kann. Es ist als Rahmen zu verstehen, der alle Elemente einer Organisation miteinander verknüpft. So entsteht ein ganzheitliches Abbild der Organisation, das den Studierenden erlaubt, die einzelnen Probleme in einen größeren Zusammenhang einzuordnen und ein Problem ganzheitlich anzugehen.
  2. Damit soll einem einheitlich linearen Denken entgegengewirkt und das vernetzte Denken bei den Teilnehmenden gefördert werden.
  3. Ein Modell muss so gestaltet sein, dass die Auseinandersetzung über normative Werthaltungen in einer Organisation unabdingbar ist.
  4. Ein Modell darf nur so komplex sein, wie es in der Praxis noch verstanden wird.

Diese Vorgaben werden im FMM berücksichtigt. Es gibt einen einheitlichen Bezugsrahmen für die ganzheitliche Betrachtung der Führung einer NPO vor. Dank dieser Modellstruktur sind die Teilnehmenden in verhältnismäßig kurzer Zeit in der Lage, komplexe Probleme in ihren Organisationen systematisch zu erfassen und strukturiert zu lösen. Die Nutzung praxiserprobter Lehr- und Lernmethoden (vgl. Schildknecht u. a 2004) soll den Lehrgangsteilnehmenden größtmöglichen Lernerfolg bescheren.

Die Erfolgskontrolle

Von seinem praxiserprobten Lehr- und Lernmodell verspricht sich das VMI einen maximalen Lernerfolg für die Teilnehmenden und die Gewährleistung einer hohen Dienstleistungsqualität, welche dem VMI auch von Externen beschieden wird. So erlangte das VMI im Jahr 2002 als eines der ersten Universitätsinstitute in der Schweiz die ISO-Zertifizierung. Das Managementsystem – und damit auch die Lehrgänge – wurde gemäß den Vorgaben der Norm 9001:2000 geprüft. Die Vorteile eines solchen Qualitätsmanagementsystems und einer Zertifizierung liegen für das VMI auf der Hand:

Im Bereich der Weiterbildungsveranstaltungen wurde als Prozessziel eine optimale Planung und Durchführung der Lehrgänge definiert. Deshalb ist für das VMI – wie auch für andere Weiterbildungsveranstalter – die Messung der Teilnehmerzufriedenheit ein entscheidendes Erfolgskriterium. Nur Teilnehmende, deren Erwartungen erfüllt oder übertroffen wurden, werden das VMI in ihrer Organisation respektive in der relevanten Zielgruppe weiterempfehlen und den Kosten-Nutzen-Kalkül zukünftiger Teilnehmender positiv beeinflussen. Als universitärer Dienstleistungsanbieter ist es für das VMI entscheidend, dass die Teilnehmenden mit der Qualität der gebotenen Dienstleistungen zufrieden sind und ihre Erwartungen an den Lehrgang erfüllt werden. Die Zufriedenheit der Teilnehmenden zeigt sich in der Auswertung der Fragebögen. Die Prozessziele werden anhand diverser Erfolgskenngrößen gemessen.

Unmittelbar nach jedem Modul werden die Fragebögen ausgewertet. Anschließend erfolgt eine Evaluation durch die Lehrgangsleitung, in welcher konkrete Verbesserungsvorschläge für eventuell aufgetauchte Kritikpunkte gemacht werden. Bei der Durchführung des MBA hat sich gezeigt, dass die Teilnehmenden ein besonders hohes Interesse an diesem Instrument haben. Vielfach beläuft sich die Rücklaufquote der Fragebögen auf 100 Prozent. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das VMI den Kommentaren der Teilnehmenden eine große Bedeutung beimisst und ständig bestrebt ist, das Lehrgangsangebot zu verbessern. Diese kontinuierliche Qualitätssicherung ist in einem aus mehreren Modulen bestehenden Lehrgang für die Teilnehmenden von besonderem Interesse. Als Indikatoren für die Zufriedenheit der Teilnehmenden dienen intern auch die Anmeldezahlen für die einzelnen Lehrgänge sowie die Zahl der Absolventinnen und Absolventen, die einen weiteren Lehrgang des VMI besuchen. Auch mehrere Teilnehmende aus der gleichen Organisation deuten darauf hin, dass die Ausbildung des VMI als wertvoll eingestuft wird.

Nutzen der Teilnehmenden

Die Messung des Nutzens der Weiterbildung respektive des Lernerfolgs aus Sicht des Teilnehmenden ist außerordentlich schwierig. Zur Überprüfung des Lernerfolgs dienen zum einen die Masterarbeiten wie auch die Prüfungsergebnisse, wobei insbesondere die Masterarbeit bei der Beurteilung des Lernerfolgs eine zentrale Bedeutung erhält. Anhand dieser Arbeiten, welche eine konkrete, praktische Umsetzung des Lernstoffes beinhalten, lassen sich verlässliche Aussagen über den Lernerfolg der Teilnehmenden treffen.

Der individuelle Nutzen, welcher beim einzelnen Teilnehmenden angefallen ist, lässt sich nur schwer messen und dürfte unter den Absolventen stark variieren. Eine Ermittlung des individuellen Nutzens der Lehrveranstaltungen des VMI würde an den folgenden Punkten ansetzen:

Als Anhaltspunkt zur Ermittlung des betrieblichen Nutzens dient zum einen die Marktperformance der Organisationen mit VMI-Absolventen in Führungspositionen. Diese ist insbesondere dann messbar, wenn es sich um vergleichbare Organisationen handelt. So gibt es in allen vier Ländern, aus denen sich die Teilnehmenden des VMI rekrutieren, Organisationen, die sich aus mehreren Sektionen/Landesverbänden zusammensetzen. Wenn nun innerhalb eines nationalen Verbandes bestimmte Landesverbände als besonders gut geführt werden und diese nachweisbar nach dem FMM arbeiten, kann dies mit einem betrieblichen Nutzen der Weiterbildung in Zusammenhang gebracht werden.

Diese Ausführungen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der individuelle und betriebliche Nutzen einer universitären Weiterbildung nur sehr begrenzt messbar ist. Aussagen, dass Bildungsinvestitionen in der Regel eine positive Rendite im Bereich zwischen 5 und 15 Prozent pro Jahr erzielen (Büeler 2004), erscheinen nicht nur aus methodischen Gründen fragwürdig. Sie lassen den nicht-monetären, nur sehr schwer messbaren Nutzen einer Weiterbildung wie persönliche Bereichung, Erweiterung des Erfahrungshorizonts etc. weitgehend außer Acht und reduzieren die komplexen Problemstellungen unzulässigerweise auf monokausale Zusammenhänge.

Literaturverzeichnis
Büeler, X. (2004): Von Kosten und Nutzen der Weiterbildung. In: Neue Zürcher Zeitung, Ausgabe vom Dienstag, dem 20. April 2004, Nr. 91, S. B3
Bumbacher, U. (1998): Qualität und Qualitätsmanagement in NPO auf der Basis des Freiburger Management-Modells. In: Witt, D./Blümle, E.B./Schauer, R./Anheier, H. K. (Hrsg.): Ehrenamt und Modernisierungsdruck in NPO. Wiesbaden, S. 149–162
Dubs, R. (2001): Die Bedeutung von Modellen in der Führungsausbildung. In: Verbands-Management, Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management, H. 3, S. 44–53
Parasuraman, A./Zeithaml, V./Berry, L. (1992): Qualitätsservice. Frankfurt/New York
Purtschert, R. (2001): Das VMI – eine Marke. In: Verbands-Management, Fachzeitschrift für Verbands- und Nonprofit-Management, H. 3, S. 20–31
Schildknecht, M./Schmid, J. (2004): Sorgfältige Trainerauswahl. In: ALPHA, der Kadermarkt der Schweiz, Ausgabe vom 28./29. Februar 2004, S. 1–2

Angaben zum Autor
Claudio Beccarelli
lic.rer.pol., Ökonomiestudium mit Fachrichtung BWL an der Universität Freiburg/CH (1997–2001). Seit November 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am VMI. Forschungsaufenthalte am Centre for Civil Society der London School of Economics und an der Law University of Vilnius. Besondere Interessengebiete: Kulturökonomik, Management von Kulturinstitutionen

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
Juni 2004
Claudio Beccarelli , Nutzen universitärer Weiterbildung im Nonprofit-Bereich:
URL: http://www.diezeitschrift.de/32004/beccarelli04_01.htm
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