DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung

STICHWORT: BA/MA-Studiengänge zu Erwachsenen- und Weiterbildung

Gernot Graeßner/Markus Walber

Die Umstellung erziehungswissenschaftlicher Studiengänge auf die BA/MA-Struktur im Zuge des Bologna-Prozesses (vgl. Knoll in diesem Heft) ist noch nicht flächendeckend erfolgt. Von denjenigen Studiengängen, die einen Schwerpunkt im Bereich Erwachsenen- oder Weiterbildung haben (vgl. DIE 2006, N=83), sind 30,2 Prozent Bachelor- oder Masterstudiengänge (siehe Abb. 1). Gegenüber der Situation 2005/2006 hat sich die Landschaft noch nicht grundlegend verändert (vgl. Faulstich/Graeßner 2006, S. 103ff).

Aktuelle Studienangebote nach Art des Abschlusses

Innerhalb der neu entstandenen Studiengänge ergibt sich eine Qualifikationsstruktur, die eine professionsbezogene Profilbildung auf der Basis eines disziplinären Fundaments präferiert. So dominieren auf Bachelor-Niveau generell erziehungswissenschaftliche Studiengänge mit erwachsenenpädagogischen Aspekten oder Modulen. Allerdings fällt insbesondere bei den analysierten Studiengängen ein Missverhältnis zwischen curricular geforderter inhaltlicher Substanz und den dafür vorgesehenen Leistungspunkten auf. Hiernach liegen die Anteile an EB/WB im Kernfach (120 LP) lediglich zwischen 14 und 36 Leistungspunkten, was prozentualen Anteilen von elf bis dreißig Prozent entspricht.

Auf der Master-Ebene erhält das Professionsfeld Erwachsenen- und Weiterbildung deutlich mehr quantitative Substanz. So wird in etwa die Hälfte der bereits bestehenden Masterstudiengänge spezifisch für dieses Professionsfeld in einem Umfang von 120 Leistungspunkten (100 Prozent) angeboten. Bei den übrigen wird Erwachsenen- und Weiterbildung als deutliches Profil im Rahmen von erziehungswissenschaftlichen Masterstudiengängen mit einem ca. 50-prozentigen Studienanteil ausgewiesen. Hieraus wird deutlich, dass die Qualifikation professionellen Nachwuchses vorrangig in der Masterphase angesiedelt ist.

Eine Analyse der thematischen Orientierung bestätigt die Vermutung, dass in den Curricula weitgehend an bisherige Strukturen des Diplomstudiengangs angeknüpft wird. Eine unübersehbare theoretisch-historische Schwerpunktsetzung und der Forschungsbezug weisen darauf hin. In BA-Studiengängen kommt zudem die Anlehnung an die aus dem Diplomstudiengang gewohnte Systematik zum Ausdruck, indem die institutionell-rechtliche Thematik sowie die Themen des Lehrens und Lernens berücksichtigt werden. Die Bereiche der EB/WB hingegen werden nicht sehr stark profiliert, ebenso wenig wie besondere Zielgruppen.

Unter dem Aspekt der aggregierten Reformdiskussion in der scientific community kann – jedenfalls auf der Basis der Selbstdarstellung in DIE 2006 – nicht erkannt werden, dass eine Orientierung an dem Vorschlag erfolgt wäre, ein Basiscurriculum EB/WB im Rahmen eines erziehungs- und bildungswissenschaftlichen Studiums mit dem Abschluss BA/MA zu realisieren (Vorschlag an die DGfE-Sektion Erwachsenenbildung, vgl. Faulstich/Zeuner 2005, S. 37ff).

Das hier vorgelegte »Stichwort« bezieht sich auf die konsekutiven Studiengänge. Es wird weiterhin interessant sein zu sehen, ob sich in der Folge oder parallel zur Etablierung der konsekutiven Studiengänge ein System darauf bezogener, anwendungsorientierter Masterstudiengänge als Weiterbildungsstudiengänge entwickeln wird.

Die „provozierte disziplinäre Instabilität“ (Faulstich/Graeßner 2006, S. 101) dauert an. Die Zeit scheint den Reformern der EB/WB-Studiengänge zu enteilen. Allerorten werden Studiengänge umgestellt, derzeit (Stand: 14.04.2007) werden 2.091 BA-Studiengänge und 2.422 MA-Studiengänge an Universitäten angeboten (vgl. HRK 2007), so dass auch in der Konkurrenz zu anderen Disziplinen ein Anziehen des Reformtempos angezeigt zu sein scheint. Andererseits mag auch ein Vorteil aus dem Zögern erwachsen: Die Profilbildung steht noch an, die Situation im Fach Erziehungswissenschaft kann noch beobachtet werden, um vor diesem Hintergrund, unter zugegebenermaßen nicht allzu rosigen Rahmenbedingungen, optimierte und kreative Studienstrukturen für die EB/WB zu schaffen.

Akademischer Direktor Dr. Gernot Graeßner und Dr. Markus Walber, Angehörige der Universität Bielefeld, Fakultät für Pädagogik, AG Weiterbildung und Bildungsmanagement

Literatur

DIE (2006): Studienführer Erwachsenenbildung/Weiterbildung. URL: www.die-bonn.de/service/hochschulen (Stand: 03. 03. 2007)

Faulstich, P./Graeßner, G. (2006): Riskante Flexibilität. In: Kraul, M./Merkens, H./Tippelt, R.: Datenreport Erziehungswissenschaft 2006. Wiesbaden, S. 101–110

Faulstich, P./Zeuner, Ch. (2005): Vorschlag für Empfehlungen der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft für ein Basiscurriculum EB/WB im Rahmen eines erziehungs- und bildungswissenschaftlichen Studiums mit dem Abschluß BA/MA. In: Erziehungswissenschaft, H. 30, S. 35–43

HRK (2007): Studienangebote deutscher Hochschulen. URL: www.hochschulkompass.de/kompass/xml/index_stud.htm
(Stand: 14. 04. 2007)