DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung

Begrenzt über die Grenzen

Hans Tietgens
Dr. Hans Tietgens ist Honorarprofessor an der Universität Marburg und war von 1960 bis 1991 Direktor der Pädagogischen Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschul-Verbandes.

In den ersten Jahrzehnten ihrer Existenz hat die PAS (Pädagogische Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschul-Verbandes) den Eindruck erweckt, als lege sie keinen Wert auf internationale Kontakte. Sicherlich war dies nicht zuletzt durch meine Zurückhaltung angesichts der Schwierigkeiten im institutionellen und terminologischen Vergleich bestimmt. Schon im Heft IV/95 dieser Zeitschrift habe ich dies erläutert.

Genauer betrachtet hatte die PAS schon von früh an Auslandskontakte. Als Johannes Weinberg die erste neu geschaffene Stelle übernahm, war dies ausdrücklich mit dem Auftrag zu internationaler Arbeit geschehen. Dementsprechend hat er den DVV des öfteren in den damaligen Ostblockländern vertreten, als dies noch höchst selten war. Als damit keine Rückwirkungen auf die Bundesrepublik zu erreichen waren, hat er über die Literatur dafür gesorgt, daß der Horizont der PAS nicht auf die deutschen Grenzen beschränkt blieb. Das 1968 vorgelegte Arbeitspapier Ergebnisse der Lehrforschung für die Erwachsenenbildung beispielsweise, in dem wohl zum ersten Mal der Begriff der Teilnehmerorientierung zu finden ist und das 1977 in dem Buch Erwachsenenbildung zwischen Wissenschaft und Unterrichtspraxis auch gedruckt erschien, stützt sich zum größten Teil auf die einschlägige Literatur aus den USA.

Nach Weinbergs Wechsel an die Universität Münster war es Albert Pflüger, der die Auslandskontakte wieder aufnahm, nun vor allem auf der Ebene der supranationalen Institutionen und am intensivsten in Verbindung mit dem Europarat. Nach einer Tagung in Siena 1975, wo er auch die Professionalisierungsbeiträge der PAS vorstellte, folgte die mehrjährige Mitarbeit in einem Commitee for out of School Education Development: Training and Retraining of Adult Educators, wofür er 1978 einen Bericht in Straßburg vorlegen konnte. Und noch 1990 in Belgrad war es eine Tagung des Council of Europe Adult Education and Social Change, zu der Pflüger Stichworte wie personale und soziale Kompetenz, Deutungsmuster und Lebenswelt einbrachte.

Eine andere Ebene waren die Kontakte zur UNESCO-Kommission mit Tagungen 1973 in Sankelmark und 1979 in Hamburg. Bemerkenswert
hier die Themen: 1973 ging es um Fragen der Weiterbildung nach der Weltkonferenz in Tokio, und im Mittelpunkt stand ein in der BRD umstrittenes, international aber anerkanntes Thema, die Integration beruflicher und allgemeiner Bildung. Schon damals mußte in einem Protokoll festgehalten werden: Das Pendel schwingt zur Zeit von der traditionellen zweckfreien Erwachsenenbildung zu einer nur noch leistungsorientierten Qualifizierung aus. Und 1979 findet sich unter dem Thema New Tasks and Function in Society for Adult Education zum ersten Mal das Stichwort Lebenslanges Lernen mit seinen Konsequenzen für Systematisierung und Kooperation. Im gleichen Jahr, 1979, fand ein deutsch-sowjetisches Symposion in Moskau statt, wo Albert Pflüger ebenfalls Alltagswissen und Deutungsmusteransatz vorgestellt hat. Daß die Verständigung zwischen Vertretern des Westens und des Ostens nicht einfach war, ist aus der Dokumentation einer Internationalen Sommerschule in Porec zu entnehmen, bei der es um Aus- und Weiterbildung für haupt- und nebenberufliche Mitarbeiter der Erwachsenenbildung ging und an der Vertreter aus der Tschechei und Polen, Frankreich und England teilnahmen.

Bei all dem ist es nicht verwunderlich, wenn auch die Veranstaltung zum 25jährigen Bestehen der PAS 1982 in einem internationalen Rahmen stattfand. Den Festvortrag hielt der Vertreter Dänemarks in europäischen Erwachsenenbildungsgremien, Per Himmelstrup. Bei seinem Thema Bildung und Arbeit in der Gesellschaft von morgen benutzte er den Kompetenzbegriff durchaus im heute gebräuchlichen Sinn, erinnerte an den Ursprung der Erwachsenenbildung als Volksaufklärung der Vernunft und mahnte ein Sowohl-als-auch von fachlichem zielgerichtetem Unterricht und engagierend wirkender Aufklärung an.

Immerhin wäre mein Beitrag in dem Theorie und Praxis-Band Zukunftsperspektiven der Erwachsenenbildung (1970) nicht in der erschienenen Form herausgekommen, wenn ihm nicht ein Text vorausgegangen wäre, den ich beim Europarat in Straßburg vorgelegt hatte. Selbstverständlich erfolgte auch die Entwicklung der VHS-Sprachen-Zertifikate in einem internationalen Rahmen. Ab 1977 war sie eng mit dem Aufbau eines European Unit Credit System for Language Learning des Europarates verbunden.