DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung

Verpasst die Weiterbildung einen wichtigen Diskurs?

Erwachsenenbildung für eine nachhaltige Entwicklung

Gerd Michelsen

Ausgehend von der »UN ECE Strategy for Education for Sustainable Development« vom März 2005 beschreibt der Autor, welche Herausforderungen sich durch die Etablierung der Nachhaltigkeitsperspektive für die Erwachsenen- und Weiterbildung ergeben. Kontrastierend wird im Vorgriff auf den aktuellen Bericht der Bundesregierung »Bildung für eine nachhaltige Entwicklung« analysiert, in welchen Teilbereichen BNE als Leitlinie oder Anlass für Fortbildungen des Weiterbildungspersonals bereits aufgegriffen wird.

Bildung für eine nachhaltige Entwicklung spielt eine wichtige Rolle in den bildungstheoretischen und -praktischen Diskussionen. Nicht zuletzt das groß angelegte BLK-Programm »21« für den schulischen Bereich und das Nachfolgeprogramm »Transfer 21« sowie verschiedene Aktivitäten und Initiativen wie u.a. das Forschungsprogramm der Kommission »Bildung für eine nachhaltige Entwicklung« der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft von 2004 verdeutlichen dies. Die UNESCO-Weltdekade »Bildung für eine nachhaltige Entwicklung«, die 2005 bis 2014 stattfindet, ist ein weiteres Indiz hierfür. Sie verfolgt das Ziel, Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in den kommenden Jahren schrittweise in alle Bildungsbereiche zu integrieren.

Seit März 2005 gibt es die Strategie der United Nations Economic Commission for Europe (UN ECE) zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (»UN ECE Strategy for Education for Sustainable Development«). Sie leistet einen regionalen Beitrag zur UN-Dekade. Die UN ECE ist eine Einrichtung des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen und eine von fünf regionalen Kommissionen der Vereinten Nationen, denen Länder wie die USA und Kanada, alle europäischen Länder bis hin zu Ländern wie Kirgisien oder Usbekistan angehören.

Neben der Strategie haben die UN-ECE-Umwelt- und -Bildungsminister in Wilna den »Vilnius Framework for the Implementation of the UN ECE Strategy« beschlossen. (Die Dokumente sind zu finden unter www.unece.org/env/esd.) Die UN-ECE-Umweltminister hatten zuvor die UN ECE mit dem Mandat ausgestattet, eine Strategie für Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in enger Kooperation mit der UNESCO, dem Europarat und anderen relevanten Akteuren, insbe­sondere aus dem Bereich der Nichtregierungsorganisationen, zu entwickeln.

Die Strategie soll die Einführung und die Förderung der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in der UN-ECE-Region ermöglichen und damit die Realisierung der Vision einer sich nachhaltig entwickelnden Region unterstützen. Das Ziel der UN-ECE-Strategie ist es, die Mitgliedsstaaten zu ermutigen, Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in ihre formalen Bildungssysteme, in alle relevanten Fächer sowie in die non-formale und die informelle Bildung zu integrieren. Dadurch sollen Menschen mit Wissen über und Fähigkeiten für eine nachhaltige Entwicklung ausgestattet werden und sich so ihre Chancen erhöhen, sich für ein gesundes und produktives Leben im Einklang mit der Natur und unter Berücksichtigung sozialer Werte, Geschlechtergerechtigkeit und kultureller Vielfalt einzusetzen.

Dabei sollen Schlüsselthemen einer nachhaltigen Entwicklung in alle Bildungssysteme integriert werden, wie z.B. Minderung von Armut, Frieden, Ethik, Demokratie, Gerechtigkeit, Menschenrechte, Gesundheit, soziale Gleichheit, kulturelle Vielfalt, biologische Vielfalt, Produktion und Konsum, Umweltschutz und Management natürlicher Ressourcen. Dies stellt spezielle Anforderungen an eine Erwachsenen- und Weiterbildung für eine nachhaltige Entwicklung.

In der Auseinandersetzung, was Bildung für eine nachhaltige Entwicklung konkret bedeutet, ging es in den vergangenen Jahren zum einen um ein erweitertes Verständnis traditioneller Umweltbildung, zum anderen um die Einbindung von Ansätzen, die mit der Überschrift »Globales Lernen« verbunden sind. Immer wieder wird mit Recht betont, dass eine nachhaltige Entwicklung nicht allein durch politische Maßnahmen, durch die Unternehmen und neue Technolo­gien zu realisieren sein wird, sondern dass vielmehr entscheidend ist, einen globalen Mentalitätswandel durch neue Wissensbestände und -formen, ver­änderte Normen und Wert­vorstel­lun­gen zu erreichen.

Ziel einer Bildung für eine nachhaltige Entwicklung ist Gestaltungskompetenz (vgl. de Haan/Harenberg 1999; Rode 2005) für die Mitwirkung an einer nachhaltigen Entwicklung. Dabei steht die Förderung solcher Kompetenzen im Vordergrund, die Menschen empathiefähig, kooperations- und aushandlungsfähig, mutig für eigenes Handeln auch auf neuen Wegen wie auch kritisch im Umgang mit ethischen Fragen machen. Bildung für eine nachhaltige Entwicklung kann zu Gestaltungskompetenz führen, wenn vorausschauendes Denken sowie problemlösendes Verhalten gelernt und dabei Wissen aus unterschiedlichen Bereichen zugänglich gemacht und als fruchtbar für Problemlösungen erfahren wird. Die Arbeitsweisen und Methoden einer Bildung für eine nachhaltige Entwicklung sind so zu wählen, dass sie Erfahrung wie auch Reflexion ermöglichen.

Die Sensibilisierung für die Nachhaltigkeitsproblematik (z.B. durch Förderung der Wahrnehmungsfähigkeit im Verhältnis von Mensch und Natur, durch die Erfahrung praktischer Solidarität mit ärmeren Menschen, durch Analyse der öffentlichen Kommunikation über diese Thematik oder durch ethische Reflexion) ist ein wichtiger Bestandteil dieser Auseinandersetzung. Erfahrungsorientierte, erlebnisorientierte und ästhetische Zugänge haben hier ihre Bedeutung, wie zugleich aber auch Retinität (Vernetztheit) reflexiv erfahrbar sein muss.

Da nachhaltige Entwicklung ein hinsichtlich seiner Ausgestaltung offenes Konzept darstellt, das in gesellschaftlicher Aushandlung zu konkretisieren ist, sollte man zudem lernen, mit offenen Fragen, mit Bewertungsproblemen (vgl. Eigner-Thiel/Bögeholz 2004), Risikoabwägung und Differenz, umgehen und gemeinsam mit anderen Entscheidungen aushandeln zu können. Partizipationskompetenz gehört deshalb ebenso zum Bildungsziel der Gestaltungskompetenz. Und da man Partizipation nur durch Partizipation lernt, ist es sinnvoll, sich mit den nachhaltigkeitsrelevanten Fragen so auseinander zu setzen, dass ein Bezug zum eigenen Leben hergestellt und sichtbar wird, dass eine Beteiligung an einer zukunftsfähigen Gestaltung möglich ist (vgl. hierzu Heinrichs 2005 sowie weitere Beiträge im Kapitel »Bildung« in Michelsen/Godemann 2005).

Mit dem Konzept Nachhaltigkeit werden Sachverhalte, gewachsene und von Menschen hergestellte Dinge also in komplexe Kontexte gestellt: So sind die Stadt, der Lebensraum, die belebte Natur, die soziale Umwelt durch ökonomische, ökologische, soziale und jeweilige kulturelle Perspektiven zu erschließen. Verständlich sind Probleme und Handlungsmöglichkeiten in diesen Bereichen erst durch eine gemeinsame Sicht dieser verschiedenen Aspekte.

Im Mittelpunkt stehen »Verhältnisse« und »Beziehungen« und damit das, was hin­ter den Dingen steckt und was sie verbindet. Wirkungen von Handlungen können lokal, regional und global beschrieben werden. Globale Wirkungszusammenhänge werden durch internationale Kooperationen, aber auch durch die Betrachtung lokaler Fragen unter dieser Perspektive (beispielsweise die des lokalen Verkehrsnetzes im Zusammenhang mit Klimafragen) verständlich, was wieder­um voraussetzt, dass Bildungseinrichtungen in eine Beziehung zu ihrem Umfeld treten. Diese Beziehung kann jedoch nicht nur in einer distanzierten Betrachtung und Analyse bestehen, vielmehr ist das lokale und regionale Umfeld Ort für das Lernen und Praktizieren von Mitwirkung und Mitgestaltung.

Entscheidet sich eine Bildungsinstitution dafür, die eigene Einrichtung und die Bildungsveranstaltungen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung weiter zu entwickeln, kommen verschiedene Kooperationspartner/inn/en als beteiligte Akteure im Gemeinwesen in den Blick. Das Konzept der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung sieht Kooperation nicht unter der Perspektive Dienstleistung, sondern als partnerschaftliche Beziehung in einem gemeinsamen lokalen bzw. regionalen Handlungskontext, wie er z.B. durch ­einen Lokale-Agenda-21-Prozess gegeben sein kann.

Lernen in diesem Sinne ist also ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung. So gerät auch in den Blick, dass Bildung für eine nachhaltige Entwicklung sich nicht nur auf Lernen in Institutionen richten kann. Lernen findet überall statt – und zwar lebenslang. Und so ist zu bedenken, wie non-formales und informelles Lernen auch im Sinne einer Bildung für eine nachhaltige Entwicklung erfolgen kann (vgl. hierzu u.a. Löwenfeld 2005; Siekierski/Wohlers 2005). Zum non-formalen und informellen Lernen, das einer nachhaltigen Entwicklung förderlich sein kann, gehören auch Erfahrungen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, sich eigenverantwortlich in Gruppen organisieren und tätig sein zu können, gehören Reisen, um andere Länder und Kulturen kennen zu lernen, gehört das Zusammenleben mit Menschen verschiedenen Alters und verschiedener Kulturen, gehört die Chance, sich als Teil einer Gesellschaft erfahren zu können. Hier wachsen allen Bildungseinrichtungen bedeutsame und unter der Perspektive einer nachhaltigen Entwicklung neue Aufgaben zu.

Antworten der Bildungspraxis sind in Gutachten von Heino Apel, Annette Diekmann und Klaus Hübner im aktuellen Bericht der Bundesregierung »Bildung für eine nachhaltige Entwicklung« beschrieben, der voraussichtlich zum Ende der laufenden Legislaturperiode veröffentlicht wird. In den Darstellungen der Träger der Erwachsenen- und Weiterbildung und der außerschulischen Bildung wird ein unterschiedlicher Umgang mit dem Begriff »Bildung für eine nachhaltige Entwicklung« deutlich. Die verschiedenen Träger gehen in den Öffentlichkeitsdarstellungen eher zurückhaltend mit diesem Begriff um, wenngleich durchaus bei einigen Einrichtungen ein intensiveres Sich-Einlassen auf Bildung für eine nachhaltige Entwicklung festgestellt werden kann.

Für die Volkshochschulen (VHS) als die größten, flächendeckenden Anbieterinnen allgemeiner Weiterbildung existieren keine Richtlinien oder Curricula für die Angebotsstruktur bzw. für die einzelnen Inhalte. In den Landesverbänden der Volkshochschulen gibt es keine für Bildung für eine nachhaltige Entwicklung hauptamtlich zuständigen Personen, so dass dieser Bereich allein der Initiative eines VHS-Leiters oder eines Fachbereichsleiters überlassen bleibt. Da Volkshochschulen generelle Anbieterinnen der allgemeinen und beruflichen Bildung sind, kann ihr Angebot zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung einer von mehreren Gradmessern dafür sein, wie stark diese in der Gesellschaft allgemein verankert ist.

Die Volkshochschulstatistik des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE), die die meisten Volkshochschulen berücksichtigt, erfasst bislang nur den Bereich »Umweltbildung«. Sie zeigt, dass im letzten Jahrzehnt von einer gewissen Stagnation des Umweltbildungsangebots ausgegangen werden muss. Die Entwicklung des Anteils der Umweltbildung am Programmbereich (Politik, Gesellschaft, Umwelt) ist leicht rückläufig. So gab es 1991 6,6 Prozent Umweltbildungskurse im Programmbereich, 2003 waren es nur noch 5,4 Prozent. Eine aktuelle Analyse der Angebote der Volkshochschulen zeigt, dass alle diejenigen, die sich inhaltlich dem Nachhaltigkeitskonzept zuordnen lassen, im Kontext von lokalen Agenda-Initiativen stehen, an denen die VHS beteiligt sind. Eine eigenständige Angebotsform, die mit dem Konzept Bildung für eine nachhaltige Entwicklung ernst macht, taucht in den Programmheften nicht auf. Volkshochschulen treten als Akteure in Lokale-Agenda-21-Prozessen in Erscheinung, sie sind aber als Anbieterinnen von Veranstaltungen der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung bis heute nicht präsent.

In den Umweltverbänden und Umweltzentren dagegen zeichnet sich ein stärkerer Trend zur Integration der Nach­haltigkeitsperspektive in die Bildungsarbeit ab. Dies manifestiert sich in einer Änderung der Themen- und Methodenpalette der Bildungsangebote der Umweltzent­ren und in den Kooperationen mit neuen Partner/inne/n. Ökonomie als Thema gewinnt an Aufmerksamkeit z.B. in der Initiierung von Schülerfirmen und der Zusammenarbeit mit Unternehmen und beruflicher Bildung. Soziale und gesundheitliche Aspekte finden sich häufiger wieder. Die Berücksichtigung der globalen Perspektive wird zunehmend als wichtiger Aspekt der Bildungsarbeit in Umweltverbänden gesehen, wenn auch die praktische Umsetzung gelegentlich noch zu wünschen übrig lässt. Auch »klassische« Angebote, wie z.B. die Naturpädagogik, werden neu reflektiert und zunehmend in den Zusammen­hang mit einer nachhaltigen Entwicklung und der Förderung von Gestaltungs­kompetenz gestellt. Auffällig ist, dass es tendenziell mehr Angebote zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in (Groß-)Städten gibt, während in kleineren Gemeinden/Städten und im Umfeld von (Groß-)Schutzgebieten stärker die Aspekte »Ökologie« oder »Natur erleben« in den Angeboten vertreten sind (vgl. Giesel u.a. 2001).

Je mehr politische und kulturelle Dimensionen den Nachhaltigkeitsdiskurs prägen, umso fruchtbarer ist die Bezugnahme auf diesen Diskurs durch das Globale Lernen. In der Bildungspraxis der Verbände und Zentren der entwicklungspolitischen Bildung und des Globalen Lernens werden viele Themen- und Handlungsfelder der nachhaltigen Entwicklung aufgegriffen. Der Begriff und das Konzept der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung haben sich dort aber dennoch nicht weiter verbreiten können. Bei den inhaltlichen Schwerpunkten sind die globalen Rahmenbedingungen und damit übergreifende Themenstellungen stärker in den Vordergrund gerückt, womit gute Voraussetzungen für die Weiterentwicklung von Konzepten zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung gegeben sind.

Die fachlich, politisch oder kirchlich orientierten Akademien bieten seit Jahrzehnten immer wieder Veranstaltungen zur Umweltbildung an, wobei sie sich ausschließlich an Erwachsene richten. Auch die meisten Naturschutzakademien verstehen sich als Trägerinnen von Fortbildungen für Umweltbildner/innen. Es gibt aber auch Akademien, die sich inzwischen auf Bildung für eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet haben (wie z.B. die Umweltakademie des Landes Schleswig-Holstein) und ein umfangreiches Angebot präsentieren. Die meisten Umweltakademien sind jedoch erst auf dem Weg und bieten nur wenige entsprechende Fortbildungsmöglichkeiten an. Unter den kirchlich ausgerichteten Akademien taucht Bildung für eine nachhaltige Entwicklung nur sehr sporadisch auf.

Zahlenmäßig vergrößert haben sich Angebote für Berufsschüler/innen, für Menschen mit Behinderungen und für Senior/inn/en sowie Angebote zu generationenübergreifendem Lernen. Neu sind vereinzelte Angebote für Migrant/inn/en oder Homosexuelle. Konzepte zur Nutzung der Typisierungen sozialer Milieus bei der Zielgruppenansprache und bei der konkreten Gestaltung der Bildungskonzepte sowie die Gender-Thematik werden zwar diskutiert, fließen aber noch kaum in die Praxis ein.

Fort- und Weiterbildungsangebote zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung können ein Gradmesser für Professionalisierungsprozesse sein. Die Zahl der Fortbildungen und der Fortbildungsanbieter/innen ist nach Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung (ANU) stark gestiegen, so hat die Orientierung an Zielgruppen in der außerschulischen Bildung zugenommen. Die Kompetenzförderung ist heute dort ein übergreifendes Ziel. Durch die Diskussion um Bildung für eine nachhaltige Entwicklung und die Formulierung von Kriterien wurde der Begriff Gestaltungskompetenz ausdifferenziert und in Fortbildungsveranstaltungen vertieft. Die ANU hat z.B. in Multiplikator/inn/en­fort­bildungen gemeinsam mit Teilnehmer/inne/n Bildungs­programme da­raufhin untersucht, wo Kompetenzen gefördert werden sollen bzw. mit ihnen beispielhaft Projekte zur Förderung von Gestaltungskompetenz entwi­ckelt. Auch entwicklungspolitische Verbände diskutieren die Förderung von Kompetenzen zunehmend.

Kaum ein Umweltverband oder eine Trägerinstitution der Erwachsenenbildung hat bislang eigene Leitlinien zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung aufgestellt. Einige Verbände haben damit angefangen, ein allgemeines Leitbild für ihre Arbeit zu formulieren. Der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) verfügt seit 2000 über sieben Leitlinien zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung, in die seine Bildungsarbeit eingebettet ist (vgl. www.lbv.de). Der ANU-Landesverband Bayern hat 2004 eigene Leitlinien für Umweltbildungseinrichtungen und Bildung für eine nachhaltige Entwicklung verabschiedet (vgl. www.umweltbildung-in-bayern.de). Ein be­sonders breit diskutiertes und detailliertes Anerkennungsverfahren hat das Land Schleswig-Holstein unter Beteiligung der Verbände entwickelt. Seit August 2004 können entwicklungspolitische und Umweltbildungsanbieter/innen in Schleswig-Holstein einen Antrag auf Zertifizierung als Bildungspartner/in bzw. Bildungszentrum für nachhaltige Entwicklung stellen. Das Zertifikat wird gemeinsam vom Bildungs- und Umweltministerium verliehen und berechtigt zur Nutzung eines entsprechenden Logos bei der Selbstdarstellung.

Es ist festzustellen, dass die Aktivitäten zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in der Erwachsenen- und in der Weiterbildung, insbesondere in der außerschulischen Bildung zugenommen haben, allerdings werden viele Bildungsangebote immer noch der Umweltbildung oder dem Globalen Lernen zugeordnet – und das, obwohl sich auf konzeptioneller Ebene Umweltbildung und Globales Lernen angenähert haben. Für die Volkshochschulen ist Bildung für eine nachhaltige Entwicklung bislang jedoch nur ein Randthema. In nur wenigen Einrichtungen wird das gesamte Bildungsangebot an entsprechenden Konzepten ausgerichtet. Zur verstärkten Implementation der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in der Erwachsenbildung und Weiterbildung sowie in der außerschulischen Bildung ist es erforderlich, mehr Möglichkeiten zur Vernetzung und zum Erfahrungsaustausch zu schaffen, die (finanzielle) Förderung von Projekten zu verbessern und mehr Fortbildungsangebote zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung und deren Methoden einzurichten. In den letzten Jahren hat es kein größeres Programm auf Landes- oder Bundesebene gegeben, das z.B. mit dem vorher erwähnten BLK-Programm »21« vergleichbar wäre. Die UN-Dekade zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung bildet einen guten Rahmen, um in Zukunft verstärkte Aktivitäten zur Integration der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung in die verschiedenen Bildungsbereiche zu ermöglichen. Die Einrichtungen der Erwachsenen- und Weiterbildung sollten diese Chance nutzen und ihrer Verantwortung im Rahmen ihres Bildungsauftrags nachkommen.

Literatur

Eigner-Thiel, S./ Bögeholz, S. (2004): Bildung für nachhaltige Entwicklung aus Sicht von MultiplikatorInnen außerschulischer Bildungsträger. In: Umweltpsychologie, H. 2, S. 80–100

de Haan, G./Harenberg, D. (1999): Angabe siehe S. 30

Heinrichs, H. (2005): Kultur-Evolution: Partizipation und Nachhaltigkeit. In: Michelsen, G./Godemann, J. (a.a.O.), S. 709–720

Giesel, K. u.a. (2001): Angabe siehe S. 30

Löwenfeld, M. (2005): Außerschulische Umweltbildung, in: Michelsen, G./Godemann, J. (a.a.O.), S. 827–837

Michelsen, G./Godemann, J. (Hrsg.) (2005): Handbuch Nachhaltigkeitskommunikation. München

Rode, H. (2005): Motivation, Transfer und Gestaltungskompetenz. Ergebnisse der Abschlussevaluation des BLK-Programms »21« (Forschungsgruppe Umweltbildung Paper 05-176). Berlin

Siekierski, E./Wohlers, L. (2005): Informelle Umweltbildung, in: Michelsen, G./Godemann, J. (a.a.O.), S. 838–847

Prof. Dr. Gerd Michelsen leitet das Institut für Umweltkommunikation an der Universität Lüneburg. Er ist deutscher Vertreter in der Task Force UN ECE »Strategy for Education for Sustainable Development« und Mitglied des Nationalkomitees zur UN-Dekade.