DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung

Stichwort: »Bildung und Globalisierung«

Michael Schemmann

Betrachtet man den Umgang mit den Begriffen Bildung und Globalisierung in der erziehungswissenschaftlichen Debatte, so werden wenigstens zwei Sichtweisen auf das Verhältnis der Begriffe erkennbar. Zum einen ergibt sich ein Strang in der Diskussion, der Deregulierung, die Einführung von Marktmechanismen und neue Steuerungsformen im Bildungswesen als Phänomene der Globalisierung begreift und diskutiert und dabei auch nicht selten in die Klage über dieselben und ihre negativen Auswirkungen auf Bildung verfällt (vgl. Scheunpflug 2003, S. 166f.). Zum anderen findet sich eine intensive Auseinandersetzung mit Globalisierung in den eher normativ ausgelegten Diskursen der Pädagogik. Dabei steht das Konzept des »globalen Lernens« im Zentrum dieses Stranges. Es integriert vormals ausdifferenzierte Diskurse wie Umweltpädagogik, Friedenspädagogik, entwicklungspolitische Bildung und interkulturelle Pädagogik (vgl. ebd., S. 167f.).

Festzuhalten bleibt aber, dass eine systematische Auseinandersetzung mit Globalisierung in der Erziehungswissenschaft noch immer aussteht. Hornstein hat dies wie folgt kommentiert: »Fragen der Erziehung und Bildung unter dem Aspekt Globalisierung zu betrachten, zu beschreiben und zu erforschen, ist bisher kaum etablierter Forschungsgegenstand, und da, wo sich Erziehungswissenschaft mit der Thematik befasst, erfolgt dies in einer eher punktuellen Weise und häufig in einer Perspektive, die dem Gegenstand nur bedingt gerecht wird« (Hornstein 2001, S. 530f.).

Dies mag auch damit zusammenhängen, dass sich in der Globalisierungsdebatte wenigstens drei grundlegend unterschiedliche Positionen finden. Giddens benennt die eine Position als die der Hyperglobalisierer (vgl. Giddens 2001). Diese sehen mit der Globalisierung nicht nur das Ende des Nationalstaates gekommen, sondern gehen auch von einem grundsätzlich neuen Zeitalter aus, das alte Hierarchien gänzlich verändert und zu Homogenisierung führt. Skeptiker hingegen sehen den Nationalstaat, nationale Interessen und auch die grundsätzliche Ordnung von den Prozessen der Globalisierung weithin unberührt (vgl. ebd., S. 60). Giddens identifiziert noch eine dritte Position, die der Transformationalisten. Charakteristisch für diese Position ist die Anerkennung, dass die globale Ordnung zwar transformiert wird, dennoch aber viele der alten Muster weiterhin bestehen bleiben. Des Weiteren wird konstatiert, dass Globalisierung sowohl integrierende als auch fragmentierende Prozesse mit sich bringt. Und schließlich wird die Globalisierung als offener und gestaltbarer Prozess begriffen (vg. ebd., S. 59f.). In dieser Position liegt wohl die überzeugendste Annäherung an das Phänomen Globalisierung.

In der Position der Transformationalisten ist mit der Gleichzeitigkeit von integrierenden und fragmentierenden Prozessen auf ein weiteres Charakteristikum der Globalisierungsdebatte verwiesen, denn für die Debatte ist die Gleichzeitigkeit von gegensätzlichen Tendenzen typisch. So ist etwa nach Robertson Globalisierung nur bei gleichzeitiger Lokalisierung zu verstehen und wird konsequenterweise in dem Begriff Glokalisierung gefasst. Aber auch andere Autoren sehen das gleichzeitige Bestehen von eigentlich gegensätzlichen Tendenzen als kennzeichnend, so etwa Homogenisierung bei gleichzeitiger Heterogenisierung.

Bezieht man diese Überlegungen auf das Bildungssystem, so muss man davon ausgehen, dass sich in bestimmten Hinsichten zunehmende Angleichungen ereignen. Die Umstellung auf gestufte Studiengänge, d.h. der so genannte Bologna-Prozess, mag hier als jüngstes Beispiel dienen. Gleichzeitig wird es aber auch immer weitere Differenzierungsprozesse geben.

Und schließlich, bezogen auf das Rahmenthema dieses Heftes: Wenn man überhaupt von einem internationalen oder globalen Weiterbildungsmarkt sprechen kann, so bedeutet dies keinesfalls nur, dass sich Institutionen dem entstehenden Druck beugen oder den Regelungen und internationalen Abkommen entsprechend ausrichten müssen. Dies wird in dem als homogenisierend beschriebenen Effekt der Globalisierung auch der Fall sein.

In dem oben genannten Verständnis von Globalisierung bedeutet der globale Weiterbildungsmarkt dann aber auch Nischen für Einrichtungen und damit die Vielfalt von Einrichtungen, denn neue Differenzierungsprozesse und weitere Heterogenisierung sind Teil des Prozesses.